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Rassismus Polizei Frankfurt Ihr seid hier nicht in Afrika
09.11.2012 13:40 (1528 x gelesen)

 Von Felix Helbig

Derege Wevelsiep am Tatort.  Foto: Christoph Boeckheler

Nach Aufdeckung des NSU-Terrors war viel die Rede von mehr Sensibilität der Behörden gegenüber Zuwanderern. Ein Jahr später steigt Derege Wevelsiep in eine Frankfurter U-Bahn und wird von Polizisten verprügelt. Eine Geschichte darüber, dass sich nichts geändert hat.

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Derege Wevelsiep sagt, er habe Deutschland bei seinen Freunden und Geschwistern immer verteidigt. Wenn sie fragten, wie er nur hier leben könne, im Land der Nazis, der Ausländerfeindlichkeit, der brennenden Asylbewerberheime. Er habe dann immer dagegengehalten. So sei das doch gar nicht. Sie sollten nicht die ganzen Vorurteile glauben. Und außerdem vermisse er seine neue Heimat nun mal, kaum dass er zwei Wochen im Urlaub sei.

Interne Ermittlung

Die Frankfurter Polizei ermittelt intern gegen die vier Beamten des 6. Polizeireviers, die Derege Wevelsiep beschuldigt, ihn geschlagen zu haben. Das bestätigte eine Polizeisprecherin am 5. November auf Anfrage.

Weiter wollte sie sich wegen der laufenden Ermittlungen nicht zu dem Fall äußern, deutete aber an, dass die Darstellung der betreffenden Polizisten von der Wevelsieps abweicht. Die Staatsanwaltschaft sei in den Fall eingeschaltet.

Der Rechtsanwalt von Wevelsiep hatte in der vergangenen Woche Strafanzeige gestellt. Darin wirft er den Beamten Hausfriedensbruch, Beleidigung, Körperverletzung und Körperverletzung im Amt vor.

Das alles habe sich nach dieser Situation gründlich geändert, sagt Wevelsiep. Er steht unten in der Station Bornheim-Mitte, die Hände tief in den Manteltaschen. Er ist dort nicht mehr gern, dort, wo es geschehen ist. Er nennt das so: diese Situation. In der Strafanzeige seines Rechtsanwalts ist von Hausfriedensbruch, Beleidigung und Körperverletzung im Amt die Rede. Im Befund des Sankt-Katharinen-Krankenhauses steht: Gehirnerschütterung mit Bewusstlosigkeit, Prellung des Thorax rechts, Prellung des Knies rechts, Prellung der Hüfte rechts.

Der 17. Oktober ist ein Mittwoch. Wevelsiep, 41, hat den Tag über gearbeitet, er ist Diplom-Ingenieur beim mit Abstand größten deutschen Elektronikkonzern, sein Dienstausweis klemmt noch am Gürtel, als er in die U4 steigt. Mit seiner Verlobten Misale und ihrem gemeinsamen Sohn David will er nach Hause fahren, es ist spät geworden, die Uhr zeigt halb elf. Durch das Abteil kommen Kontrolleure auf sie zu, sie wollen die Fahrkarten sehen. Derege Wevelsiep zeigt seine Monatskarte, seine Verlobte darf kostenlos mitfahren, so ist das nach 19 Uhr, der Sohn ohnehin, er ist drei. Die Kontrolleure gehen weiter. Am Merianplatz steigt Wevelsiep aus, ihm ist eingefallen, dass er noch was erledigen muss, sie wollen sich wenig später in der Wohnung treffen. Seiner Verlobten gibt er die Monatskarte.

Ein paar Minuten später ruft sie ihn an. Sie stehe in der Station Bornheim-Mitte und werde beschuldigt, schwarzgefahren zu sein. Dabei habe sie doch seine Monatskarte. Sie verstehe das nicht. Er solle kommen.

Wieder ein paar Minuten später erreicht Wevelsiep die Station, er trifft dort auf seine Verlobte, auf den Sohn, umringt von vier Kontrolleuren, die 40 Euro verlangen. Ein anderer Afrikaner im Abteil sei auch noch auf die Karte mitgefahren, sagen sie, das sei verbotswidrig, sagen sie, das koste 40 Euro. „Ihr seid hier nicht in Afrika“, sagt die Kontrolleurin. Derege Wevelsiep ist Deutscher, seit sechs Jahren schon. Den „anderen Afrikaner“ in der Bahn habe er nicht gekannt, sagt er. Und der sei natürlich auch nicht mitgefahren, sagt seine Verlobte.

2012 oder 1942?

An die Kontrolleurin gewandt sagt Wevelsiep, es gehe inzwischen wohl nicht um die Fahrkarte, sondern um die Hautfarbe, um seine äthiopische Herkunft. Sie solle doch „nicht vergessen, dass wir nicht mehr 1942 haben“.

„Bin ich Nazi?“, fragt darauf die Kontrolleurin.

„Das weiß ich nicht, das müssen Sie selbst wissen“, sagt Derege Wevelsiep.

Seine Verlobte schlägt vor, die Polizei zu rufen. Damit fängt die Situation, wie Wevelsiep sie schildert, erst richtig an.

 

 

 

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Das Quartett der Polizisten

Wenig später erscheinen vier Polizisten in der Station, drei Männer und eine Frau, einer der Beamten zieht Handschuhe an. Von den Kontrolleuren wollen sie wissen, was vorgefallen ist. Von Wevelsiep nicht. Von seiner Verlobten auch nicht. Sie sollten jetzt mal lieber beide ihre Ausweise zeigen, sagen die Polizisten.


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